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07.-11. August 2024
Eschwege, Germany

Open Flair Festival 1988

4. Open Flair Festival
22.07.1988 - 24.07.1988

Bangen ums Geld

Festival in Schwierigkeiten – trotzdem Superstimmung 

Wider Erwarten wurde das Problem des Vorjahres mit in die Planung für das vierte Open Flair Festival weitergetragen. Die ironisch gemeinten Aussagen über Eschwege im Programmheft 87 hatten für verletzte Gemüter gesorgt, was vor allem die CDU als Anlass nahm, den Zuschuss der Stadt zu streichen. Mit der Streichung der städtischen Zuwendung war auch der in Aussicht gestellte Landeszuschuss in Gefahr. Und so ging es um die Existenz des Festivals. Neben dem Aufsatz kritisierten sie außerdem, dass Theater- und Kleinkunstauftritte Gesetzesübertretungen verherrlichten und das Festival immer höhere Kosten verursache. Von etwa 37.000 auf 72.600 D-Mark allein in einem Jahr, wobei der Arbeitskreis etwa 60 Prozent der Kosten durch Einnahmen decken konnte. SPD, FDP und Die Grünen unterstützten das Jugendprojekt dagegen. Das Open Flair sei Werbung für die Region und führe zum Anstieg des Tourismus. Überhaupt müssten Kunst und Kultur gefördert werden. Das Festival habe bisher fast nur positives Feedback und für den missverstandenen Text wurde sich bereits ernsthaft entschuldigt. 

Im Februar 1988 starteten die Organisatoren eine Aktion, um ihren gestellten Antrag zu einem positiven Ergebnis zu führen. Mit Flugzetteln bewaffnet stürmten sie die Stadtverordnetenversammlung und baten so die Parlamentarier, einen bereits gefassten Magistratsbeschluss, der vorgesehen hatte, die städtische Zuwendung zu streichen, zu revidieren. Dieser hatte sich, gegen die Empfehlung des Finanzausschusses, welcher empfahl, die gleiche Bezuschussung wie der Kreis zu gewähren, entschieden und so zwar das Werdchen als Austragungsort genehmigt, jedoch finanziell gesehen nur auf die Nutzungsgebühr von 1.000 D-Mark zu verzichten, sollte das Festival insgesamt Defizite einfahren. Nach langen Diskussionen nahm die Stadt den Magistratsbeschluss dann aber doch zurück und gewährte dem Arbeitskreis die beantragten Zuschüsse bis zu einer Höchstgrenze von 8.000 D-Mark, sollten bei dem Festival die Kosten nachweislich nicht gedeckt werden können. So konnte das Open Flair endlich terminiert werden: Vom 22. bis 24. Juli 1988 wurde das Werdchen wieder Schauplatz von einem Jahr Jugendarbeit. Auch in diesem Jahr bekamen wieder regionale Theater- und Musikgruppen die Chance, sich vor einem breiten Publikum zu präsentieren. Unter den regionalen Musikgruppen waren Bands wie Difference, Curtain Edge und Merciless. Durch das Festivalmotto „Lebensgefühl in der Region“ wurden viele Jugendliche dazu angeregt, sich eigene Geschichten über ihre Heimat auszudenken und diese als Theaterstück aufzuführen. Weiter bekamen hier Ergebnisse aus verschiedenen Workshops von Vereinen und Verbänden, wie den Pfadfindern, die Möglichkeit zur Präsentation, sodass das Programm des Open Flairs wie gewohnt ein buntes Gemisch wurde. 

Als Top Acts lud der Arbeitskreis Rio Reiser, bekannt durch den Hit „Konig von Deutschland“ und die Newcomerin Jule Neigel ein. Weitere begehrte Programmpunkte waren das Frankfurter Kurchorchester, Kraan und der berühmteste Clown Deutschlands Eisi Gulp. Auch das Feuertheater und die Wasserspiele, sowie alte Bekannte, wie das Kinderprogramm und die Eröffnung in der Innenstadt durch das Scharlatan-Theater durften nicht fehlen. Neu war in diesem Jahr das Cafézelt, wo die Besucher nicht nur Erholung bei Kaffee und Kuchen finden konnten, sondern der zusätzliche Ort auch Beherbergung für einige Programmpunkte war. Etwa 15 Organisatoren und mehr als 150 ehrenamtliche Helfer machten das Open Flair 1988 möglich. Die Dauerkarte für alle drei Tage war für 27 D-Mark im Vorverkauf erhältlich, sodass dann das komplette Wochenende Ausnahmezustand mitgenommen werden konnte. Allein Samstag entschieden sich 3.000 Neugierige vorbeizuschauen und insgesamt wurden 6.000 Besucher gezählt. Dennoch gab es in diesem Jahr einiges, das die Stimmung ein wenig trübte. Die Musikbühnen waren oft zu laut und störten so die Theater- und Kleinkunstauftritte. Dieses Problem kam vor allem durch Verzögerungen im Programmablauf zustande, die nicht mehr eingeholt werden konnten. Vor allem Rio Reiser ließ seine Fans einige Zeit warten. 

Für Unmut sorgten aber auch einige Hundebesitzer, die ihre Tiere nicht an der Leine hielten, sodass es zu Raufereien unter den Hunden kam. Dies und die mit den Tieren einhergehenden Hygienemängel waren Anlass, das Mitbringen von Hunden im kommenden Jahr zu verbieten. Des Weiteren gab es am Samstag eine weitere Rauferei zwischen Punkern, die sogar von der Polizei beendet werden musste. Dennoch überwogen insgesamt die positiven Stimmen und auch die Besucher sprachen sich dafür aus, trotz aller Starallüren weiterhin große Acts auf dem Festival sehen zu wollen.
Von Laura Müller und Vanessa Rheinländer

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