Das Jahr 2000 gilt als das erste große Schicksalsjahr des Open-Flair-Festivals. Trotz eines ausgewogenen Programms kamen zum ersten Mal nicht genügend Besucher, sodass der Arbeitskreis Open Flair nach dem Festival in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Finanziert wurde das Festival nur durch die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten, die Standgebühren und öffentliche Zuschüsse in Höhe von 35.000 D-Mark. Ein großer Sponsor, der zusätzlich Geld in die Kassen spülte, fehlte. Etwa 8.000 Besucher pro Tag, 3.000 weniger als 1999 und 7.000 weniger als 1998, kamen zum nordhessischen Festival.
Mit Bands wie BAP, Blumentopf, Wolf Maahn und Readymade setzte der Arbeitskreis vor allem auf nationale Künstler. Tito & Tarantula und Uriah Heep konnten zudem als Headliner gewonnen werden. Spektakulär war wieder einmal die Mitternachtsaktion auf dem Platz: Transe Express präsentierten ein menschliches Mobile an einem 200 Tonnen schweren Kran und schwebten so über den Köpfen der staunenden Besucher, während die Glöckner ihr Handwerk verrichteten und so ein absolutes Himmelstheater bieten konnten. Die Veranstalter freuten sich sehr über die positiven Äußerungen der Bands, die sich sehr wohl auf dem Festival fühlten. Trotz allem stand der Verein am Ende mit einem Minus von 100.000 D-Mark da. Junge, aktuelle und angesagte Bands fehlten nach Aussagen der Besucher, besonders den jüngeren, im Line-up.
Im Vorfeld traten bereits regionale Bands wie Bitune, Die Reifen Herren und Mr. G and his Blues Shoes bei einem Benefiz-Konzert in der Eschweger Stadthalle ohne Gage auf, um die Finanzierung des Festivals zu unterstützen und die Veranstaltung so zu sichern. Dabei wurden weiterhin zu Gunsten des Open Flairs eine signierte Gitarre von Ex-Deep-Purple-Mitglied Ritchie Blackmore versteigert und eine Tombola organisiert. Zudem gründete sich ein Förderverein, der nicht nur von vielen Bürgern, sondern auch von Landrat Dieter Brosey und Bürgermeister Jürgen Zick, unterstützt wurde. Alle Spender und Unterstützer wurden im Anschluss im Programmheft namentlich erwähnt. Uriah Heep begeisterten nicht nur die älteren Besucher, vor allem ihren großen Hit „Lady in Black“ sangen Jung und Alt gemeinsam mit den Urgesteinen des Hardrocks. BAP wurden per Hubschrauber nach Eschwege geflogen und landeten vor ihrem Auftritt direkt auf dem Sportplatz an der Torwiese. In neuer Besetzung präsentierte sich die Kölsch-Rock-Band um Wolfgang Niedecken, konnte aber wie eh und je schnell begeistern. Blumentopf nahmen die jüngeren Besucher vor der Freibühne mit auf „Party-Safari“ und brachten die Hip-Hopper zum Hüpfen. Einen ihrer allerersten Festivalauftritte absolvierte die Freiburger Band Reamonn am Freitagnachmittag. Mit Sänger Rea Garvey und ihrem ersten großen Hit „Supergirl“ spielte sich die Band schnell in die Herzen der Zuschauer. Am frühen Sonntagnachmittag begeisterte die Indie-Rock-Band Readymade aus Wiesbaden, am Abend machten dann Tito & Tarantula das Zelt abschließend noch einmal richtig voll.
Im Kleinkunstzelt sorgten vor allem Hans Werner Olm und Hans Söllner für angestrengte Lachmuskeln. „Ein Riesenspektakel veranstaltete das Théâtre de la Toupine. Das französische Quartett mit seinem Himmel- und Höllengefährt legte los mit musikalischem Klamauk und drehte mehrere Platzrunden. Ihr Anführer, ein rotköpfiger Metzger mit heruntergezogenen Mundwinkeln, haute unter anderem mit einer Mettwurst-Attrappe auf die Pauke. Und niemand war sicher, nicht angemacht zu werden - natürlich immer zur Belustigung der Anderen“, schrieb die Werra-Rundschau zu dem Highlight am Freitag. Wieder einmal bot das Open Flair eine einzigartige Mischung bei der Programmgestaltung.
Von Sonja Berg