Während im Herbst des Vorjahres die Existenz des Festivals noch auf dem Spiel stand, startete man im Januar 1997 mit frischem Elan in die Vorbereitungen. In der Zwischenzeit hatte man sich um die Finanzierung einer hauptamtlichen Stelle bemüht: mit Erfolg. Die Politik in der Stadt und im Landkreis erkannte die Bedeutung des Festivals für die Außendarstellung von Stadt und Region. Man einigte sich mit dem Arbeitskreis Open Flair auf eine sogenannte Drittelfinanzierung – Kreis und Stadt trugen jeweils ein Drittel der Kosten. Den dritten Teil hatte der Arbeitskreis selbst zu erwirtschaften. Fürs Erste war die Existenz des Festivals gesichert. Perspektivisch zog nun Kontinuität in die Festivalplanungen ein. Dennoch wurden weite Teile des Festivals weiterhin – wie bis heute – ehrenamtlich organisiert und durchgeführt. Die neu geschaffene Stelle wurde mit Alexander Feiertag, Open-Flair-Mitglied der ersten Stunde, besetzt. „Kiss the Future oder: Zukunft, aber welche?“ lautete dann auch optimistisch und ein wenig ironisch das Motto des Festivals.
Am Freitag, den 13. Juni fiel dann der Startschuss für das 13. Open-Flair-Festival: Mit internationalen Stars wie Bad Religion und Bob Geldof, der bereits 1993 auf dem Werdchen zu Gast war, neuen nationalen Acts wie Fettes Brot und Cultured Pearls sowie einem großen Rahmenprogramm zeigten sich rund 8.000 Besucher begeistert. Fettes Brot konnten damals ihren ersten großen Erfolg mit den Hits „Nordisch by Nature“ und „Jein“ feiern und sorgten für große Jubelstürme im Open-Flair-Zelt. Die Gruppe Shannxi reiste mit zehn Musikern extra aus China an und bot mit verschiedensten Schlagzeug-Instrumenten und Klangkörpern Töne, wie es sie vor rund 4000 Jahren einmal gegeben haben soll, sie ließen mit mehr als 200 historischen chinesischen Schlaginstrumenten die T’ang-Dynastie wieder aufleben. Weiteres Highlight war die Gruppe Sarruga, die den Platz zu nächtlicher Stunde mit meterhohen Insekten aus Papier bevölkerte und einen Kampf inszenierte. Als „spannendes Zugeständnis an den musikalischen Zeitgeist“ gab es Samstagnacht erstmals eine Technoparty auf dem Werdchen, dazu sehr viel Aufklärung über chemische Drogen wie Ecstasy. Aufgrund der positiven Resonanz auf die klassische Musik beim Open Flair 1995 wurde das Studenten-Sinfonie-Orchester Marburg eingeladen, das an verschiedenen Stellen im Programm spielte. Dieses interpretierte unter anderem das Stück Peter und der Wolf sowie die Ouvertüre aus Der Barbier von Sevilla. Um den Zulauf etwas zu entzerren, gab es zum ersten Mal ein zweites Kleinkunstzelt, das dem Publikum auch vor dem vielen Regen Unterschlupf bot.
Das 13. Open Flair hatte einen Etat von etwa 450.000 D-Mark, davon kamen je 13.000 D-Mark von der Stadt Eschwege und dem Werra-Meißner-Kreis sowie 50.000 D-Mark vom Land Hessen. Auch mit einer hauptamtlichen Personalstelle sahen die Organisatoren bei stetig steigenden Kosten nicht nur optimistisch in die Zukunft. Allerdings bekannten sich Dieter Brosey, damaliger Landrat des Werra-Meißner-Kreises, und Eschweges Bürgermeister Jürgen Zick während des Festivals eindeutig zum Open Flair, machten Mut und bezeichneten das Flair als „kulturelle Bereicherung für unsere Region“.
Von Sonja Berg