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07.-11. August 2024
Eschwege, Germany

Open Flair Festival 1986

2. Open Flair Festival
08.08.1986 - 10.08.1986

Open Flair zieht um

Neuer Veranstaltungsort in Eschwege – HR sendet live 

Nachdem 1985 aufgrund des schlechten Wetters zwar weniger Besucher kamen als gedacht, sollte es aber auch 1986 wieder ein Open Flair geben, denn hier war durchaus viel Potenzial nach oben. Um die Arbeit einfacher zu gestalten, gründete sich der Verein Arbeitskreis Open Flair, der so die einzelnen Jugendinstitutionen verknüpfen sollte und man so bei Stadt, Kreis und Land als eine eigenständige Institution auftreten konnte, um eventuelle Zuschüsse zu beantragen. Im Februar 1986 stand fest, dass die Jugendburg Burg Ludwigstein nicht als erneuter Schauplatz für das Open Flair zur Verfügung stand. Als Grund wurden Umbauarbeiten genannt. Eine Rolle spielte sicherlich aber auch die „Überfüllung“ im Jahr zuvor, da sich aufgrund des schlechten Wetters die Festivalbesucher in der gesamten Burg aufgehalten haben sowie die hohen Kosten. Auf der Suche nach einer neuen Location kristallisierte sich schnell das Werdchen in Eschwege als Favorit heraus. Das ohnehin als Festplatz genutzte Gelände bekam schließlich den Zuschlag, auch wenn der damalige Bürgermeister Jürgen Zick und der Magistrat erst überzeugt werden musste. Nicht ganz einfach war hier aber die Nähe zur Stadt und den Anwohnern, die per Zeitungsaufruf um Verständnis für etwaige Lärmbelästigungen gebeten wurden. 

Als Kooperationspartner konnte man sich in diesem Jahr den Hessischen Rundfunk sichern, der mit seiner Sendung HR3 Top-Time viele Stunden live vom Festival sendete oder für spätere Sendungen aufzeichnete. Positiv an der Kooperation war, dass der Hessische Rundfunk viele Teile des Programms finanzierte und so hochkarätige Bands den Weg nach Eschwege fanden, die vorzugsweise samstags während der Live-Übertragung auftraten und so das Festival auch einem größeren Hörerkreis bekannt machten. Zu den Top-Acts zählte unter anderem Edo Zanki, der schon für Musikgrößen wie Herbert Grönemeyer und Tina Turner arbeitete und kurz zuvor mit seinem Hit „Afrika“ große Erfolge verbuchte. Weiteres Highlight war die hessische Rockformation Craaft, die bereits mit Queen und Marillion vor mehr als 70.000 Rockern auftraten. Mit insgesamt 27 Auftritten auf vier Bühnen wurde noch einmal ordentlich im Bereich Programm zugelegt. Der dafür nötige Gesamtetat von 100.000 Mark wurde zu zwei Dritteln vom Verein übernommen, das weitere Drittel übernahm der HR3. Ein weiterer großer Stellenwert im Programm galt neben der Musik auch der Kleinkunst. Hier war es vor allem der Komiker Georg Grasser aus Göttingen, der für komische Momente am Samstag sorgte. Für etwas anderes, nämlich Gänsehaut, sorgte der feuerspeiende Künstler Bengurie. Weitere Highlights waren das Kabarett „Die Sense“, die ihr „Kohldampfradio“ aufführten, bei dem alle Beiträge und Berichte zum „besseren Missverständnis“ führen sollten, und das Scharlatan-Theater, das im Programmheft als „Panoptikum der Straße“ bezeichnet wurde. 

Doch das Festival war „nicht nur dazu gedacht, Musik und Kleinkunst aller Couleur für Jugendliche im Kreisgebiet zugänglich zu machen, sondern soll auch drei Tage Auseinandersetzung mit dem Alltag im hiesigen ländlich strukturierten Raum sein“, wie die Lokalzeitung Werra-Rundschau mit Hinweis auf die Vorstellung der Organisatoren mitteilte. So gab es neben zahlreichen Workshops auch Diskussionsrunden zum Thema „Leben in der Provinz“ und mehr als 20 heimische Jugendgruppen stellten ihre Arbeit an Ständen und mit Aktionen vor. Leider waren es gerade diese, die etwas untergingen, da sie neben dem gut besetzten Musik- und Kleinkunstprogramm etwas in den Hintergrund rückten. „Die Provinz schlug nur vage zurück.“ Für gerade einmal 20 Mark im Vorverkauf konnte man das gesamte Wochenende genießen, an dem etwa 200 Helfer dafür sorgten, dass das Festival zu einem Erfolg wurde. Und neben ein paar kleinen Lärmbeschwerden war es das auch. So lässt sich das Open Flair 1986 insgesamt zum einen mit „sie haben es gewagt und gewonnen“, mit dem Werdchen als Veranstaltungsort und zum anderen mit der Meinung von Dr. Veronika Rode in ihrem Leserbrief zusammenfassen: „Bleiben wir ein bisschen jung und tolerant und freuen uns, dass auch unser Zonenrandgebiet etwas zu bieten hat, worüber man spricht.“
Von Vanessa Rheinländer

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